Immer mehr Bergsportler und Alpinisten trimmen ihr Ausrüstungsgewicht so weit es nur geht, denn je weniger Gewicht am Körper, desto flexibler ist man und umso weniger Energie wird benötigt. Kein Wunder also, dass renommierte Bergsportartikelhersteller, wie Petzl, dieses Klientel bedienen und Ultralight-Ausrüstung auf den Markt bringen, so wie den High-End Helm Sirocco von Petzl.

Er ist mit seinen 160g (Größe 1) der aktuell leichteste Helm der Welt und einer der beliebtesten obendrein. Doch was taugt dieses filigrane Leichtgewicht, wo macht sein Einsatz Sinn und wie sicher ist er?

Tim mit dem Petzl Sirocco
Helm, Seil, Eispickel und Co.
Innenansicht des Petzl Sirocco

Leichtbauweise

Im Sirocco ist so viel wie nötig und so wenig wie möglich Material verbaut. Rundherum wurden große Lüftungsöffnungen in den Helmkörper eingelassen, die neben einer optimalen Durchlüftung natürlich auch für ein dickes Minus an Gewicht sorgen. Der komplette Helm besteht aus zwei Hartschaum-Komponenten, einmal das Innenmaterial, ein EPS-Schaum (Styropor) und dann die Außenschale aus EPP-Schaum (expandiertes Polypropylen) zu deren Funktion ich später noch komme. Die Oberseite wurde mit einer Hartschalenplatte ausgestattet. Ein Rädchen, oder eine Schiene zur Anpassung des Helmes an den Kopf gibt es natürlich auch nicht, hier hat Petzl ein reines Gurtsystem verbaut, das allerdings erstaunlich gut funktioniert und natürlich einen Hauch von Nichts wiegt.

Komfort

Der Sirocco ist der mit Abstand bequemste Helm, den ich bisher getragen habe. Zum einen kommt das natürlich durch das geringe Gewicht, denn teilweise vergisst man tatsächlich, dass man überhaupt einen Helm aufhat. Zum anderen kommt das aber durch die Form des Helmes, denn er umfasst den ganzen Schädel und zieht hinten schön weit runter, dadurch wackelt nichts und hat man den kleinen Gurt einmal angezogen, sitzt der Helm wie angegossen. An der Stirn hat sich Petzl zu ein paar Gramm Luxus in Form einer kleinen, aber ausreichenden Polstereinlage hinreißen lassen, die sich aber abnehmen und austauschen lässt. Die Schnalle am Kinn wurde mit einem Magnetverschluss ausgestattet, was diese einhändig und mit dicken Handschuhen bedienbar macht.

Sicherheit

Zugegeben, auch ich hatte zu Beginn meine Zweifel, ob ich diesem ultraleichten Stück Styropor mein Leben anvertrauen sollte, doch die Zweifel waren unbegründet. Beim reinen Hartschalenhelm ist es so, dass man Schäden durch Stürze oder Steinschlag nicht direkt sieht, die Formbarkeit des Materials aber dennoch in der Regel  soweit beeinträchtigt wurde, dass die Hersteller zum Entsorgen raten. Außerdem haben Hartschalenhelme kein Material verbaut, dass die Stoßenergie wirklich absorbieren könnte, das einzige Material, was hier die Energie aufnimmt und weitergibt, ist der Kopf selbst.

Bei sog. Inmold- und High-End-Helmen (Sirocco) ist es so, dass der den Kopf umgebende Hartschaum (EPP und EPS) die gesamte Stoßenergie aufnimmt, sich entsprechend verformt und die Energie dadurch absorbiert. Man sieht die Schäden zwar deutlich und auch diese Helme müssen nach einem Sturz oder Steinschlag entsorgt, bzw. eingetauscht werden, dennoch schützt diese Konstruktion den Kopf effizienter. Beim Sirocco wird die weiche EPS-Innenschale von der harten EPP-Außenschale umgeben, das Aufeinandertreffen dieser unterschiedlich harte Materialien macht die Aufnahme und Umverteilung der Stoßenergie noch effizienter.

Befestigungssystem des Petzl Sirocco
Eindruckstelle nach Sturz
Eindruckstelle am Helm nach Sturz

Befestigungsmöglichkeiten

Durch zwei kleine Clips an der Stirn, einem an der Hinterseite und einem Riemen lassen sich Kopflampen aller Art anlegen. Außerdem sind an den Seiten winzige Löcher eingelassen, die das Befestigen des Visiers von Petzl ermöglichen.

Einsatzmöglichkeit

Durch seine Konstruktion kann er für nahezu jede Alpinsportart verwendet werden, vom Hochtourengehen, übers Eisklettern, Felsklettern, Bigwall-Klettern, sogar bis hin zum Skitourengehen, denn er ist mit der CE-Zertifizierung für Skitourenhelme ausgestattet.

Während er im Sommer den ganzen Tag am Kopf sitzen kann und jeden Hitzestau verhindert, lässt er sich im Winter perfekt an dickere Kopfbedeckungen anpassen und ist daher das richtige Gimmick für jedes Wetter und jede Jahreszeit.

Fazit

Man muss ihm vertrauen, dem Petzl Sirocco, aber wenn man ihn lässt, wird er zu einem treuen Begleiter, den man nicht mehr missen möchte. Gute Durchlüftung und angenehmes Tragegefühl, selbst bei extremer Hitze, wie wir sie die letzten Jahre zur genüge erlebt haben. Und vor allem ein Plus an Sicherheit! 

Ich bin letztes Jahr am Berg abgestürzt – ein Stein hat mich am Kopf getroffen, ich wurde ohnmächtig und bin 30 Meter einen sechzig Grad steilen Hang runtergestürzt. Saltos durch die Luft und immer wieder hart mit dem Kopf aufgeschlagen, hätte ich den Sirocco nicht aufgehabt, könnte ich diesen Bericht heute nicht mehr schreiben und der einzige Grund, weshalb ich ihn überhaupt noch aufhatte, denn an dieser Stelle des Abstieges hat man seinen Helm eigentlich seit über einer Stunde nicht mehr an, war das quasi nicht vorhandene Gewicht, wodurch ich ihn einfach aufließ, denn ob er auf dem Kopf sitz oder nicht, macht vom Gefühl her kaum einen Unterschied!

Tim Wiegel

Tim Wiegel

Freelancer bei Doorout.com

Von Kleinauf draußen unterwegs, hat es ihn immer wieder in die verschiedensten Facetten des Outdoor-Sports getrieben. Neben dem Wandern und Bergsteigen ist er dann vor allem bei der Höhlenforschung hängengeblieben. Auf der Suche nach den letzten echten Abenteuern zieht es ihn immer wieder in die verborgene Unterwelt.

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