Vor gut einem Jahr habe ich mich auf eine interessante Reise begeben. Im letzten Sommer bin ich den Jakobsweg nach Santiago de Compostella gepilgert!
Als nach meiner Abschlussprüfung klar war, dass ich unerwartet etwas mehr Zeit haben würde, überlegte ich mir, wie ich die neu gewonnene Zeit nutzen könnte. Andere wären bestimmt ins Ausland gegangen, doch bei mir keimte der Wunsch nach Spanien zu gehen. Ich hatte mich weder vorab mit dem Thema Jakobsweg beschäftigt noch hatte ich das Buch von Hape Kerkeling gelesen. Und trotzdem wurde ich diesen Gedanken einfach nicht mehr los!
Schließlich war es dann am 1. Juli soweit und ich begann meine Reise auf dem Jakobsweg. Mit Flieger und Bus angereist begann ich meinen Weg in Burgos, rund 500 km vor Santiago de Compostella. Und gleich zu Beginn war ich mit den Sprachproblemen konfrontiert. Doch im Endeffekt geht alles mit Händen und Füßen, denn ein Pilger brauch nicht viel: Ein Bett, eine Dusche, etwas zu essen oder Blasenpflaster. Und das bekommt man auch mit kryptischen Handzeichen vermittelt.
Landschaftlich ist der spanische Norden sehr abwechslungsreich. Die Iberische Meseta besticht eher durch ihren kargen Charakter. Viel plattes trockenes Land mit wenig Bergen und Bäumen. Dieser Teil, so heißt es, ist für den Kopf gedacht. Da ich die Pyrenäen ausgelassen hatte (was ich mittlerweile als Fehler betrachte), hatte ich nun Kopf- und Körperstrecke vor mir. Aber die Meseta gefiel mir gut, der Mohn war noch in voller Blüte und überall flogen Schmetterlinge um einen herum. Durch die Ebenen bekam man schnell ein Gefühl für sein eigenes Tempo und bald konnte man sagen: „Noch 2 km? In einer halben Stunde bin ich da.“ So kamen am Tag schnell 20-25 km zusammen. Je näher man Santiago kam, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Galicien war bergiger und hatte auch mehr Wälder. Besonders schön fand ich die Eukalyptuswälder.
Viele haben ja immer Sorge wegen den Herbergen, weil sie oft nicht dem gewohnten „luxuriösen“ Standard entsprechen, aber gerade in den kleinen schnuckeligen Herbergen hat man den meisten Spaß und so bleiben diese Aufenthalte unvergessen. Ich hatte das Glück nie mit Bettwanzen konfrontiert worden zu sein, aber ich bekam den Tipp, dass vorbeugend Lavendel helfen soll. Es ist schon ein Erlebnis, auf das man sich einlassen muss, was ich aber auf keinen Fall bereue. Meine schlimmste Nacht war, nebenbei erwähnt, in einem Hotel.
Jeder auf dem Jakobsweg hat sein Päckchen zu tragen, doch trotz alledem merkt man sofort, dass die Hilfsbereitschaft und das Gemeinschaftsgefühl sehr groß sind. Man ist nie alleine, wenn man es nicht will. Man vertraut wildfremden Menschen seine bewegendsten Geheimnisse und Geschichten an und geht dann wieder seiner Wege, aber das ist vollkommen okay. Oder man findet Freunde fürs Leben, so wie ich. Nach zwei Wochen des „himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt“-Seins und schon einigen gelaufenen Kilometern, Tränen, Blut und verlorenen Zehennägel, lernte ich Anna und Martin in der Nähe von O Cebreiro kennen. Und ab dem Zeitpunkt trennten wir uns auch nicht mehr. Mitten in Spanien zwei Menschen zu finden, bei denen man das Gefühl bekommt, man würde sich schon Jahre kennen, überraschte mich etwas.
Wir sangen Tag für Tag Pfadfinderlieder, lachten oder saßen einfach nur schweigend da und genossen das Hier und Jetzt. ! Am 21. Juli kamen wir als Dreiergespann in Santiago de Compostella an. Leider war es für uns lange nicht so aufregend, wie für manch andere. Für uns war es eine Stadt, wie jede andere auf dem Weg und ich war wirklich ernüchtert, das meine Reise hier zu Ende sein sollte. Gegen Mittag stellten wir uns an die gefühlt 2 km lange Schlage am Pilgerbüro für die Compostella an. Und nach einer gefühlten Ewigkeit hatte man sein Stück Papier in den Händen. Doch für Martin, Anna und mich war die Reise hier nicht zu Ende.
Gleich am nächsten Morgen gingen wir weiter, davon getrieben, immer weiter nach Westen zu gehen. Und nach drei Tagen erreichten wir Fisterra (galicisch), den „angeblich“ westlichsten Punkt des Jakobswegs. Nachdem wir in einer Herberge eingecheckt hatten, gingen wir zum Kap Finisterre und setzten uns auf die Steine, schauten auf das Meer und vergaßen komplett die Zeit. In diesem Moment waren wir einfach nur da. Man könnte sagen, wir hatten unseren inneren Frieden gefunden. Und alleine wegen diesem Gefühl, würde ich es jedem empfehlen, diese Reise zu machen!
Mein Tipp: In Fisterra unbedingt ins Café La Frontera zu Christine gehen. Bei ihr gibt es das beste Frühstück und sie kennt den Weg zu den heiligen Steinen!
Für mich war es eine unglaubliche Reise, auf der viel passiert ist, auf der ich viele tolle und inspirierende Menschen kennengelernt habe und die mir eine neue Sicht auf mich selbst gegeben hat! Man hört das zwar immer, aber dieser Weg verändert einen wirklich. In diesem Sinne: „Bon Camino!“
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